Gewandhausorchester

Das Gewandhausorchester ist das älteste bürgerliche Sinfonieorchester der Welt. Keimzelle des Orchesters war die 1743 von 16 Adligen und Bürgern gegründete Konzertgesellschaft »Das Große Concert«. Mit dem Umzug in das Messehaus der Tuchwarenhändler im Jahre 1781 erhielt das Ensemble den Namen »Gewandhausorchester«. Einige der bedeutendsten Gewandhauskapellmeister waren Johann Adam Hiller, Felix Mendelssohn Bartholdy, Arthur Nikisch, Kurt Masur, Herbert Blomstedt und Riccardo Chailly. Seit Februar 2018 hat Andris Nelsons das Amt des 21. Gewandhauskapellmeisters inne. Das Gewandhausorchester ist Träger des Europäischen Kulturerbe-Siegels.

© Tom Thiele

Singuläre Klangfarbe und breites Repertoire

Hörer weltweit schätzen den besonderen Klang, den das Orchester vor allen anderen Sinfonieorchestern auszeichnet. Diese singuläre Klangfarbe und die breite Repertoire- Vielfalt kultiviert das Orchester bei weit über 200 Auftritten jährlich in den drei Spielstätten seines Wirkungsbereichs: Es ist das Konzertorchester des Gewandhauses, das Orchester der Oper Leipzig und das Ensemble, das wöchentlich in der Thomaskirche die Bach-Kantaten gemeinsam mit dem Thomanerchor gestaltet. Kein anderes sinfonisches Spitzenorchester spielt so viel und so regelmäßig Werke von Johann Sebastian Bach. Darüber hinaus gastiert das Orchester seit 1916 in aller Welt und produziert regelmäßig für CD, DVD, Radio und Fernsehen.

Wenige andere Klangkörper waren an der Entwicklung der sinfonischen Musiktradition so nachhaltig beteiligt wie das Gewandhausorchester, das bis heute Anziehungspunkt für berühmte Komponisten, Dirigenten und Solisten ist: Das Orchester führte noch zu Lebzeiten Beethovens dessen neun Sinfonien als Zyklus auf (1825/26), und es spielte den weltweit ersten Zyklus aller Bruckner-Sinfonien (1919/20). Wagners Vorspiel zu »Die Meistersinger« hatte mit dem Gewandhausorchester Premiere; Beethovens 5. Klavierkonzert, Brahms’ Violinkonzert sowie sein »Deutsches Requiem«, sind neben vielen anderen Werken der musikalischen Weltliteratur vom Gewandhausorchester aus der Taufe gehoben worden. Noch heute bringt das Orchester in jeder Spielzeit neue Kompositionen zur Uraufführung.

Gewandhausorchester

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Prägend für den Werke-Kanon: Felix Mendelssohn Bartholdy

Maßgeblichen Anteil an der Entwicklung eines bis heute prägenden Werke-Kanons hatte Felix Mendelssohn Bartholdy in seiner Zeit als Gewandhauskapellmeister (1835-1847). In seine Amtszeit fallen unter anderem die Uraufführungen seines Violinkonzertes e-Moll, der »Schottischen Sinfonie« und der Ouvertüre zu »Ruy Blas«. Unter Mendelssohns Leitung ist Schuberts große C-Dur-Sinfonie zum ersten Mal erklungen sowie Schumanns 1., 2. und 4. Sinfonie. Mit neu konzipierten Konzertprogrammen lenkte Mendelssohn den Blick auf die Alte Musik und bewahrte damit unter anderem Johann Sebastian Bachs Instrumentalmusik vor dem Vergessen. Dank Mendelssohns Engagement konnte 1843 das erste Musikkonservatorium Deutschlands in Leipzig gegründet werden, die heutige »Hochschule für Musik und Theater Felix Mendelssohn Bartholdy« (HMT). Im Sinne der Mendelssohnschen Gründungsidee, professionellen Orchesternachwuchs auszubilden, bietet das Gewandhausorchester heute in Kooperation mit der HMT die »Mendelssohn-Orchesterakademie« an.

Die CD-Einspielungen, die das Orchester veröffentlicht hat, wurden mit internationalen Schallplattenpreisen und einer Goldenen Schallplatte ausgezeichnet. Mit Riccardo Chailly entstanden die Gesamteinspielungen der Beethoven-Sinfonien inklusive 9 seiner Ouvertüren (CD, Decca 2007-2009) und der Brahms-Sinfonien (CD, Decca 2012-2013) sowie umfangreiche Einspielungen der Sinfonien von Gustav Mahler (DVD, accentus music 2011-2015). Anlässlich des 90. Geburtstages von Herbert Blomstedt erschien im Juli 2017 eine neue Gesamteinspielung der Beethoven-Sinfonien (CD, accentus music), die der Ehrendirigent mit dem Gewandhausorchester realisiert hat. Unter der Leitung des neuen Gewandhauskapellmeisters Andris Nelsons entstand eine Einspielung von Antonín Dvořáks 9. Sinfonie »Aus der Neuen Welt«, die im Februar 2018 erschienen ist (DVD, accentus music). Die Einspielung von Alban Bergs Violinkonzert und Felix Mendelssohn Bartholdys »Schottischer Sinfonie« wurde am 31. August 2018 veröffentlicht (DVD, accentus music). Mit Andris Nelsons hat das Gewandhausorchester sämtliche Bruckner-Sinfonien eingespielt (CD, Deutsche Grammophon). 2024 erscheinen die Einzel-CDs des Zyklus als Box, zuzüglich einer Aufnahme der »Nullten«, die erstmals mit dem Gewandhausorchester auf CD escheinen wird.

2022 ist unter der Leitung von Herbert Blomstedt die dritte und letzte CD der Gesamteinspielung aller Sinfonien von Johannes Brahms bei Pentatone erschienen (gekoppelt mit der »Tragischen Ouvertüre« op. 81 und der »Akademischen Festouvertüre« op. 80). Anlässlich des 90. Geburtstages von Sofia Gubaidulina im Oktober 2021 veröffentlichte die Deutsche Grammophon eine CD mit Weltersteinspielungen von »Der Zorn Gottes« sowie »Das Licht des Endes« und des 3. Violinkonzerts »Dialog: Ich und Du« (Vadim Repin, Violine) unter der Leitung von Andris Nelsons.

Im Mai 2022 erscheint eine siebenteilige CD-Box mit wichtigen sinfonischen Werken von Richard Strauss, die das Gewandhausorchester und das Boston Symphony Orchestra unter der Leitung von Andris Nelsons bei Deutsche Grammophon eingespielt haben.