Es ist nicht weniger als eine Heimkehr, von vielen seit Langem erwartet und von manchen gar ersehnt: Von 2026 an richten die Berliner Philharmoniker ihre traditionsreichen Osterfestspiele wieder in Salzburg aus – in jener Stadt, in der Herbert von Karajan sie einst 1967 gründete. Er, der passionierte Operndirigent, wollte mit seinem symphonischen Weltklasseorchester endlich auch maßstäbliche, mustergültige Opernaufführungen verwirklichen. Seine Nachfolger Claudio Abbado und Simon Rattle griffen diese Passion auf und führten sie weiter. Nun steht mit Kirill Petrenko wieder ein Künstler an der Spitze der Berliner Philharmoniker, der seine Laufbahn am Theater begann. Gemeinsam wollen sie in Salzburg ein neues, so glanz- wie gehaltvolles Kapitel ihrer Osterfestspiele aufschlagen. … Mehr
Dieser Neuanfang fällt in eine Zeit, in der alle Gewissheiten auf dem Prüfstand stehen, ein »Weiter so« in keinem Lebensbereich mehr ausreicht – und in der andererseits die große Kunst aller Zeiten ein Leuchtfeuer sein kann. Fürs erste Jahrfünft ihrer zukünftigen Salzburger Residenz haben sich die Berliner Philharmoniker und Kirill Petrenko daher Werke ausgesucht, die genau diese Fragen stellen: Wie will sich die Menschheit ihr Zusammenleben in einer fragiler werdenden Welt einrichten? Wie kann sich eine Gesellschaft organisieren, die innerlich und äußerlich gefährdet ist? Wie ist es möglich, dass jeder sein persönliches Glück findet und zugleich das Gemeinwesen gedeiht?
Nicht von ungefähr ist eines dieser Werke genau dasjenige, mit dem einst die Osterfestspiele eröffnet wurden: Richard Wagners Tetralogie »Der Ring des Nibelungen«. Ergänzt wird Wagners Hauptwerk durch eine Komposition, die noch nie bei dem Festival erklungen ist: Arnold Schönbergs einzige große Oper »Moses und Aron«. So sind fürs Erste insgesamt fünf abendfüllende Musiktheaterstücke geplant, die Inszenierung des »Rings« wird sich also nicht nur über vier, sondern gleich über fünf Osterfeste erstrecken.
Es sind beides Werke, die in ihren musikalischen Mitteln revolutionär waren. Beide Werke knüpfen an den uralten Erfahrungsschatz der Menschheit an und holen daraus Stoffe hervor, die für ihre Zeit brandaktuelle Konstellationen behandeln. Beide Stücke beschreiben Gesellschaftsentwürfe für eine Welt, deren geistige Fundamente zerschellt sind oder die im Laufe der Handlung zugrunde gehen. Beide Komponisten waren durchdrungen von ihrer Sehnsucht nach einer neuen Ordnung in gesellschaftlich-staatlicher Hinsicht und nach einem Leitbild in geistig-seelischen Belangen. Beide Werke wollen zum Denken und Glauben anregen; sie kleiden ihre Argumentation in mythisch-legendäre beziehungsweise biblische Geschichten und sprechen zugleich mit ihrer Musik auch die Gefühle und das Unterbewusstsein an.
Inszenieren wird den »Ring des Nibelungen« Kirill Serebrennikov, der vielleicht musikalischste und zugleich einer der ideenreichsten, originellsten, kompromisslosesten Operndeuter der Gegenwart. Er sieht das Ganze unserer Zeit in diesem großen Werk widergespiegelt, Abstürze und Aufschwünge, die drohende Katastrophe wie die beflügelnde Hoffnung. Seiner Vision zufolge suchen die Menschen in einer postapokalyptischen Welt nach neuen Ideen und Idealen. Aus den Überresten der Zerstörungen bauen sie sich ihre Existenz neu auf.
Den Auftakt zum neuen Kapitel der Osterfestspiele Salzburg macht 2026 »Das Rheingold« – ich lade Sie herzlich ein, unserem neuen Ring-Circle beizutreten, und von Anfang an beim Schmieden des »Rings« dabei zu sein. Rund um die Neuinszenierung reihen sich wie immer hochkarätig besetzte Konzerte – wie zum Beispiel Gustav Mahlers monumentale 8. Symphonie mit Kirill Petrenko am Pult oder Joseph Haydns »Schöpfung« unter der Leitung von Daniel Harding. Nicht zuletzt würde ich Sie gern auf das BE-PHIL-Projekt hinweisen – gemeinsam mit Dirigent Tugan Sokhiev gibt es die einzigartige Möglichkeit für interessierte Laienmusikerinnen und -musiker, gemeinsam mit den Berliner Philharmonikern ein Konzertprogramm zu erarbeiten und aufzuführen. Ich freue mich, Sie 2026 in Salzburg begrüßen zu dürfen! Weniger
NIKOLAUS BACHLER, Intendant der Osterfestspiele Salzburg
Bilderserie zu den Osterfestspielen 2026
Im Rahmen der Osterfestspiele 2026 präsentieren wir den ersten Teil einer Serie von Bildern des Künstlers Mathias Vef, die eigens für die Osterfestspiele Salzburg geschaffen wurden.
Die Portraits und Stilleben sind inspiriert von den epochalen Brüchen, denen er sich auch in seiner eigenen Arbeit konfrontiert sieht. Künstliche Intelligenz zerhackt quasi wie ein Fleischwolf das Gewebe, das wir Realität nennen und das sich durch unser kulturelles Erbe manifestiert. … Mehr Diese Fragmente und Trümmer, bilden eine neue synthetische »Ursuppe«, aus der Mathias Vef surreale Figuren, maskenhafte Wesen zwischen Depression und Dystopie, zwischen Stolz und Zerfall entsteigen lässt. Ihre Herkunft und ihr Schicksal bleiben unklar, ihre Zeit ist entrückt. Die Augen, die uns anblicken, könnten Mosaiksteine einer ungewissen Zukunft sein. Durch die Linse der Künstlichen Intelligenz entsteht eine Bildwelt, die ein ästhetischer Abgesang auf eine Welt im Wandel sein könnte – aber auch eine Hommage an ihr kulturelles Gedächtnis. Weniger